Da ist er mal wieder in der Presse, der Keuchhusten. Aber weg ist er eigentlich nie. Nachdem im Jahre 2016 vom Robert Koch-Institut über 22 000 gemeldete Keuchhusten-Fälle registriert wurden, sind bis Ende Februar 2017 deutschlandweit bereits mehr als 2000 Fälle gemeldet worden. Wohlgemerkt gemeldet, denn die Dunkelziffer wird um ein Vielfaches höher liegen.
Der Schrecken, den Keuchhusten vor Einführung der Schutzimpfung und Verfügbarkeit wirksamer Antibiotika einmal hatte, ist beinahe in Vergessenheit geraten. Insbesondere die Säuglingssterblichkeit bei Keuchhusten war einstmals zum Fürchten hoch. Im Kreis Unna erinnern noch heute vier weiße Marmorkreuze auf dem Dellwiger Friedhof an die vier Kinder der Familie von Bodelschwingh, die im Jahre 1869 innerhalb von zwölf Tagen an Keuchhusten verstarben. Damals war Friedrich von Bodelschwingh, späterer Begründer der berühmten Bodelschwinghschen Stiftungen zu Bethel, als Pfarrer in Dellwig tätig, wo er mit seiner Frau Ida (geboren 1835 auf Haus Heyde im heutigen Unna-Uelzen) und Familie lebte.
Es wundert daher, daß einige Gemeinschaftseinrichtungen wie auch Behörden trotz eingehender Keuchhusten-Meldungen so ausgesprochen lax mit dieser hochkontagiösen Infektionskrankheit umgehen.
Tritt Keuchhusten in einer Gemeinschaftseinrichtung auf, so dürfen nach § 34 IfSG alle Personen, die erkrankt oder dessen verdächtigt sind – also strenggenommen alle, die husten (!) – die Einrichtung nicht besuchen. Dies gilt für Kinder wie auch für Betreuer. Insbesondere ungeimpfte, hustende Kontaktpersonen gehören ganz sicher nicht in die betroffene Einrichtung.
Eine Wiederzulassung zu Gemeinschaftseinrichtungen bei nachgewiesenem Keuchhusten ist frühestens 5 Tage nach Beginn einer effektiven antibiotischen Therapie möglich. Ohne antimikrobielle Behandlung ist eine Wiederzulassung frühestens drei Wochen nach Auftreten der Hustenattacken möglich.
Keuchhusten ist hochinfektiös, so daß bei hoher Keimdichte auch vollständig geimpfte Personen zwar weitestgehend vor einem schweren Keuchhusten geschützt sind, aber vorübergehend mit Bordetellen besiedelt sein können und damit eine Infektionsquelle darstellen können.
Keuchhusten ist tückisch. Das liegt vor allem an einer begrenzten Dauer der Immunität sowohl nach natürlicher Erkrankung als auch nach vollständiger Impfung. Einen Nestschutz gegen Keuchhusten haben Neugeborene nicht, junge Säuglinge sind daher besonders gefährdet. Daher werden Auffrischimpfungen empfohlen, insbesondere auch für Personal in Gemeinschaftseinrichtungen, Frauen im gebärfähigen Alter, enge Haushaltskontaktpersonen (Eltern, Geschwister) und Betreuer (Tagesmütter, Babysitter, Großeltern).
Bereits der Verdacht auf eine Keuchhustenerkrankung ist meldepflichtig. Krankheitsmeldungen dienen nicht nur der Registrierung in statistischen Datenerhebungen, sondern sogar in erster Linie dem Infektionsschutz des einzelnen in einer Gemeinschaftseinrichtung betreuten Kindes, darüberhinaus dem Infektionsschutz der jüngeren Familienmitglieder zuhause.
Ihr Dr. Guido Hein, 2017