Letzthin mag nach medienwirksam präsentierten anderslautenden Stellungnahmen und der politisch und autolobbyistisch beeinflußten Debatte um Grenzwerte von inhalativen Schadstoffen, insbesondere Stickstoffdioxid, der Eindruck entstanden sein, dass hiesige (Lungen-)Ärzte nicht eindeutig für saubere Atemluft eintreten. Daher möchte ich als Kinderpneumologe in aller Deutlichkeit klarstellen: Luftschadstoffe sind – wie der Name schon sagt – schädlich. Sie können Schaden anrichten. Immer und unabhängig von Grenzwerten.
In der modernen Industriegesellschaft gibt es kein Null-Risiko. Für die Grenzwertdebatte bedeutet das, auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse eine „Normalvergiftung“(U. Beck) zu definieren, der auch Kranke, Kinder und Schwangere ausgesetzt werden dürfen. In der Diskussion darüber dürfen Schadstoffe jedweder Art aber keineswegs bagatellisiert werden.
Bei den inhalativen Noxen müssen neben besagtem NO2 zahlreiche anderweitige Luftschadstoffe genannt und bedacht werden, allen voran Feinstäube mit einem Durchmesser < 2,5 μg und Ultrafeinstäube sowie Ozon und Kohlenmonoxid. Dabei geht es längst nicht nur um gesundheitliche Auswirkungen auf die Atemwege und das Herz-Kreislauf-System. Vielmehr gilt es auch, Frühgeburten zu vermeiden, eine erhöhte Säuglingssterblichkeit und mögliche Effekte auf die Hirnentwicklung von Kindern zu verhindern. Sogar die WHO formuliert dazu:
„Die Belastung mit Luftschadstoffen kann die neuronale Entwicklung negativ beeinflussen (…). Forschungsergebnisse legen nahe, dass sowohl pränatale wie auch postnatale Belastungen mit Luftschadstoffen die neuronale Entwicklung bedrohen.“
Insbesondere Kinder und Schwangere sind also zu schützen und haben daher Anspruch auf ein höchstmögliches Maß an schadstofffreier Atemluft. Dazu gehört auch der Schutz vor Passivrauchexposition, sowohl in Autos als auch in geschlossenen Räumen. Rauchen in der Schwangerschaft und Passivrauchbelastung von kleinen Kindern ist und bleibt Kindeswohlgefährdung.
Ihr Dr. Guido Hein, 2019