Mit ein wenig gemischten Gefühlen sehen wir momentan der kommenden Infektsaison entgegen, denn auch der letzte Winter war für uns mal wieder ziemlich aufreibend und arbeitsreich. Neben all den medizinischen und psychosozialen Sorgen um und nach Corona hatten vor allem die jüngeren Kinder einiges an (Atemwegs-) Infektionen nachzuholen. Irgendwer meinte, Schuld daran sei die „Immunschuld“ – naja.
Gleich zwei Grippewellen (Influenza) und eine hohe Krankheitslast durch RSV (Respiratory Syncytial Virus) bedeuteten im Winterhalbjahr 2022/23 bei reduzierten Aufnahmekapazitäten der Kinderkliniken sehr viel Arbeit für die niedergelassenen Kinder- und Jugendarztpraxen. Eine starke Häufung bakterieller Streptokokkeninfektionen und zeitgleich bestehende Medikamentenengpässe kamen erschwerend hinzu. Viele Verunsicherungen, aber auch eine stetig wachsende Anspruchshaltung waren in der Patientenversorgung deutlich zu spüren.
Und nu ? – Es gibt gute Gründe zu der Annahme, daß auch die kommende Wintersaison nicht ganz ohne (Atemwegs-)Infektionen bei Kindern ablaufen wird 😉 .
In Australien, dessen Winter auf der Südhalbkugel dem unseren ja immer vorausgeht, wurden zuletzt zahlreiche Säuglinge und Kleinkinder mit schweren Grippeverläufen gemeldet. Daher ist m.E. auch in diesem Herbst die Grippeschutzimpfung für alle Kinder in Gemeinschaftseinrichtungen, und nicht nur für die chronisch Kranken mit erhöhtem Krankheitsrisiko, zu empfehlen.
In der Zeit von September bis März erkranken jedes Jahr auch viele gesunde, reifgeborene Kinder an zum Teil schweren RSV-Bronchiolitiden. Gegen RSV wurde jetzt ein neuer, langlebiger monoklonaler Antikörper entwickelt (Nirsevimab, Beyfortus®), dessen Einmalgabe im Herbst Neugeborene und Säuglinge über das gesamte Winterhalbjahr vor schweren Verläufen und Krankenhausaufenthalten schützen kann. Leider gibt es hierzu noch keine STIKO-Empfehlung und folglich auch keine regelhafte Kostenübernahme durch die Krankenkassen. Demhingegen sind die Erkrankungsverläufe von Coronainfektionen bei gesunden Kindern glücklicherweise zumeist eher milde. In der Bevölkerung ist zudem infolge von Impfungen und Antigenkontakten die Basisimmunität gegen das Coronavirus gewachsen. Gesunde Kinder werden wir daher – bei allem Respekt vor Corona und seinen Folgen – nicht gegen COVID-19 impfen.
Seit dem Frühjahr 23 haben wir den separaten Praxiszugang für infektiöse Patienten (unsere „Coronaklappe“) wieder geschlossen. Kranke Kinder und deren Eltern haben also wieder freien Zugang zu den Wartezimmern. Erst seit Pfingsten diesen Jahres trägt unser Team in der Praxis keine Maske mehr. Drei Jahre lang war dies zuvor ununterbrochen der Fall. Sehr wahrscheinlich werden wir während des Winterhalbjahres bei der Versorgung infektiöser Kinder erneut von der Maske Gebrauch machen. Ich möchte Sie als Eltern und Begleitpersonen sowie Patienten ab Schulkindalter bitten, im Falle von Erkältung und Krankheit im Warte- und Behandlungszimmer Maske zu tragen.
Und noch etwas: Mein Praxisteam und ich sind jeden Tag aufs Neue bemüht, die uns anvertrauten Patienten bestmöglich medizinisch zu versorgen, damit verbundene Wünsche, Probleme und Herausforderungen zu erkennen und wenn möglich darauf einzugehen. Dies tun wir aus Überzeugung und werden immer versuchen, für Ihre Kinder hilfreiche Lösungen zu finden.
Seit Jahren nehmen wir dabei wachsende Anspruchshaltungen (an uns) wahr, die wir nicht alle erfüllen werden (können). Kritik jedweder Art dürfen Sie gerne an mich persönlich richten. Sollte sich tatsächlich jemand nicht gut von uns behandelt fühlen, so möge er sich einfach eine andere Kinderarztpraxis suchen. Es ist nicht notwendig, zuvor meine Mitarbeiterinnen zu beleidigen oder zu bedrohen oder auf Bewertungsportalen üble Nach- oder Hassreden zu halten.
Mit ein wenig gemischten Gefühlen sehen wir dem Winter entgegen, es könnte mitunter stürmisch werden. Es ist halt eben genauso, wie schon Erich Kästner schrieb: „Das Glück ist keine Dauerwurst.“ – Aber wir sind auch zuversichtlich und freuen uns, jeden Tag für Ihre Kinder da sein zu dürfen, sie über viele Jahre heranwachsen zu sehen und dabei ein wenig zu begleiten. Das ist großartig. Ich jedenfalls kann mir nach wie vor nichts Schöneres vorstellen.
Vielen Dank für Ihr Vertrauen!
Ihr Dr. med. Guido Hein, 2023