Atemlos durch die Nacht – Neues vom Pseudokrupp

Herbstlich umhüllt uns draußen nun frühmorgens eine neblig-klamme Frische, drinnen werden schon die Heizungen aufgedreht, bald schon lodern erste Kaminfeuer, bringen uns wohlige Wärme und trocknen so Raumluft wie zarte Kinderkehlen. Und nachts – da kommt halt der Pseudokrupp.

Als „Pseudokrupp“ (virales Krupp-Syndrom, Laryngitis subglottica) wird das vorwiegend nächtliche Auftreten von Heiserkeit, bellendem Husten und inspiratorischem Stridor (ziehende Atemgeräusche beim Einatmen) bezeichnet. Zumeist zeigen die betroffenen Kinder darüberhinaus nur wenig Krankheitsgefühl und haben oft nicht mal richtig Fieber. Pseudokrupp tritt typischerweise bei Kindern im Alter von 6 Monaten bis 3 Jahren auf, da hier der Kehlkopf noch recht eng ist, etwas häufiger bei Jungen. Haupterreger des viralen Krupps sind die Parainfluenzaviren. Während tagsüber die Schwierigkeiten beim Einatmen typischerweise spontan rückläufig sind, kann es an mehreren aufeinanderfolgenden Abenden mitunter zu beängstigenden Hustenattacken mit Atemnot kommen.

Einige Kinder leiden unter rekurrierendem Krupp, dem wiederholten Auftreten von Krupp-Episoden. Hier lösen bereits banale Erkältungsinfekte oder auch unspezifische Reize (hohe Luftfeuchtigkeit, Kältereiz, inhalative Noxen wie das Passivrauchen!) bei empfindlichen Kindern sogar bis zum Schulkindalter ein flüchtiges subglottisches Ödem (Schleimhaut-schwellung unterhalb der Stimmritze des Kehlkopfes) aus.

Ein Pseudokrupp-Anfall ist – vor allem wenn zum ersten Mal erlebt – beängstigend. Trotzdem ist es wichtig, daß Sie als Eltern Ruhe ausstrahlen und so versuchen, auch Ihr Kind zu beruhigen. Nehmen Sie Ihr Kind auf den Arm, um ihm mit aufrechter Körperhaltung die Atmung zu erleichtern; der Körperkontakt wird es trösten und beruhigen. Das Einatmen von feucht-kalter Luft kann helfen. Wickeln Sie Ihr Kind in eine Decke und gehen Sie mit ihm auf den Balkon oder die Terrasse. Bieten Sie Ihrem Kind reichlich zu trinken an, am besten stilles Wasser. Zumeist reichen allein diese Maßnahmen aus, die Atembeschwerden zu lindern.

Zur effektiven Akutbehandlung eines schweren Pseudokrupp-Anfalles haben sich Cortisonpräparate bewährt, die als Zäpfchen oder Saft verfügbar sind. Wenn wirklich erforderlich haben Sie dabei bitte keine Angst vor Nebenwirkungen. Eine einmalige oder kurzfristige Cortisonbehandlung wird auch in höheren Dosierungen gut vertragen und wird Ihrem Kind helfen. Auch Feuchtinhalationen mit physiologischer Kochsalzlösung, ggf. mit atemwegserweiternden Arzneimitteln (z.B. Epinephrin) können hilfreich sein. Nicht ratsam ist die Verabreichung von sogen. Hustenstillern.

Ein Pseudokrupp-Anfall ist ernst, wenn sich der Zustand Ihres Kindes durch die Selbsthilfe-maßnahmen nicht bessert oder sich die Lippen ihres Kindes bläulich verfärben. Zögern Sie dann nicht, in die nächstgelegene Kinderklinik zu fahren oder einen Notarzt zu rufen.

Übrigens: Der „echte Krupp“, eine schwere bakterielle Laryngotracheitis aufgrund einer Diphtherieinfektion, und die lebensbedrohliche Haemophilus-Epiglottitis sind hierzulande dank konsequenter Impfprogramme zur Rarität geworden.

Ihr Dr. Guido Hein, 2016